Für den Sieg der iranischen Revolution, Jin Jiyan Azadi!

Zum feministischen und Frauenkampftag wollen wir in diesem Jahr ein Zeichen der Solidarität mit dem anhaltenden Kampf der Aktivist*innen in Iran setzen. Eine solidarische Praktik im Sinne eines feministischen Universalismus bedeutet, die Verflechtungen zwischen feministischen revolutionären Bewegungen zu erkennen und sich darüber mit diesen Bewegungen in Beziehung zu setzen.

Die Proteste in Iran wurden von der iranischen Regierung mit brutaler Gewalt beantwortet. Sie begannen in Reaktion auf den Mord an Jîna Mahsa Amini, einer 22-jährigen iranischen Kurdin, die von der islamischen „Sittenpolizei“ getötet wurde. Viele Frauen und Aktivist*innen wurden verhaftet, inhaftiert, gefoltert und ermordet. Die Proteste sind ein Kampf für die Befreiung der Frauen von einem patriarchalen Zwangsregime, das auf ihre Körper, auf ihre Wünsche, auf ihr Leben zugreift. Vom obligatorischen Kopftuch bis hin zum eingeschränkten Zugang zu Bildung und zu Beschäftigungsmöglichkeiten werden Frauen systematisch unterdrückt, zum Schweigen gebracht und müssen ein benachteiligtes Leben führen. Die in Iran patriarchal-religiös strukturierte Familie ist für die Ideologie der islamischen Republik zentral. Die familiäre Gemeinschaft dient als Gegenbild zum dämonisierten westlichen Kapitalismus und soll den Individuen trotz ökonomischer Unsicherheit Halt und identitäre Orientierung bieten.

Die Proteste in Iran verbinden soziale Kämpfe intersektional miteinander und streben so einen Systemwandel an: Sie verbinden den Kampf gegen patriarchale Unterdrückung mit dem Kampf für politische Freiheit und Aufbegehren gegen religiöse Herrschaft mit der Ablehnung kapitalistischer Ausbeutung. Das Kopftuch ist dabei zum Symbol dieser Proteste geworden. Die iranische Feministin Masih Alinejad, die seit 2009 in den USA im Exil lebt und immer wieder den Auftragsmördern des iranischen Regimes entkommen muss, nennt das Kopftuch „die wichtigste Säule der religiösen Diktatur“. Das Ablegen, Abwerfen oder Verbrennen des Kopftuchs ist zum Symbol für weibliche Selbstbestimmung, ein Ausdruck des Ausrufes „My Body, My Choice“ geworden. Die Proteste sind außerdem ein Kampf gegen das kapitalistische Patriarchat: Streiks und Arbeitskämpfe gegen kapitalistische Produktionsverhältnisse sind ein zentrales Element der Proteste. Die Arbeiter*innenschaft ist immanenter Bestandteil der Protestbewegung. Der iranische Protest, der es schafft, Unterdrückung, Ausbeutung und Gewalt auf unterschiedlichen Ebenen zu bekämpfen und diese im Kampf miteinander zu verbinden, zeigt, dass der Kampf für weibliche Selbstbestimmung intersektional geführt werden und es ihm dabei um die grundsätzliche Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse in der kapitalistischen Moderne gehen muss. Dafür müssen die gegenseitige Durchdringung und Überlagerung von Ideologien herausgearbeitet werden und für einen Kampf gegen diese Ideologien und Herrschaftsformen fruchtbar gemacht werden.

Aus dem intersektionalen iranischen Kampf sollten wir daher lernen: Gegen internationale patriarchale Unterdrückung und Unterwerfung zu kämpfen, heißt die Rolle des religiösen Fundamentalismus und dessen Einbettung in kapitalistische Produktionsverhältnisse zu erkennen. Feministinnen in Deutschland sollten von den Protesten in Iran folglich lernen, religiöse Identitätspolitiken nicht zu unterstützen, das Kopftuch nicht zum anti-westlichen Widerstandssymbol zu verklären und vor allem nicht die patriarchale Unterdrückung zu verkennen, die vom islamischen Fundamentalismus auch in deutschen Moscheen ausgeht. Das heißt: Weil wir der Ansicht sind, dass Religion und die ökonomischen Rahmenbedingungen der Gesellschaft mit dem Patriarchat verwoben sind, sollte ein intersektionaler feministischer Kampf gleichzeitig ein Kampf für eine säkulare Gesellschaft und für die Überwindung kapitalistischer Produktions- und Herrschaftsverhältnisse sein.

Doch die Spezifik der iranischen Kämpfe darf nicht unbeachtet bleiben und sie dürfen nicht umstandslos auf die Kämpfe in Deutschland umgemünzt werden. Dass politische Debatten um das Kopftuch in Deutschland von Rassismus und Sexismus geprägt sind, sollte stets herausgearbeitet werden: Warum muslimisch geprägte Symbole und religiöse Unterdrückung kritisiert werden, sollte stets hinterfragt werden.

Als Feminist*innen müssen wir uns mit internationalen emanzipatorischen Kämpfen solidarisch zeigen und uns mit diesen Kämpfen in Bezug setzen. Nicht nur heute, sondern alle Tage. Für den Sieg der iranischen Revolution, Jin Jiyan Azadi!